Granada II

 

Es ist ein wenig wie nach Hause kommen, meine zweite Ankunft in Granada. Wieder bin ich auf der Plaza Nueva verabredet, allerdings kommt dieses Mal Pedro sogar pünktlich, um mir den Schlüssel für mein Apartment zu geben.

Mein Apartment
Mein Apartment

Im sechsten Stock angekommen, atme ich tief durch: Endlich wieder dieser sensationelle Blick auf Sierra Nevada, Alhambra, Albaicín und Sacromonte! Unter mir die surrende Plaza Nueva. Alles noch da.

 

Große Wiedersehensfreude an der Sprachschule am nächsten Tag. Alte Lehrer, neue Lehrer, natürlich neue Schüler. Aus USA, Japan, Europa und Australien.

 

Der allgegenwärtige arabische Einfluss in Granada zieht mich sofort wieder in seinen Bann: Düfte, Musik, Teestuben, arabische Läden, arabische Wortfetzen in der Caldedería, der orientalischen Hauptachse im Albaicín, dem alten maurischen Viertel.

 

Nach der Schule erst einmal einen Streifzug durch die engen Gassen, ich will mich verlaufen, mich verlieren auf diesem Hügel, wenigstens ansatzweise eintauchen in diese geheimnisvoll anmutende, verschlossene Welt der Menschen, die hier leben.

 

 

Wochenende am Meer

 

Das Wochenende verbringe ich am Meer in Salobrena an der nahe gelegenen Costa Tropical, einem beliebten Ausflugsort der Granadiner. Die einstündige Busfahrt dorthin führt durch die dramatische Gebirgswelt der Sierra Nevada. Riesige Schluchten säumen die Landtraße, die teilweise über Brücken in schwindelerregender Höhe führt.

 

Der alte Ortskern Salobrenas mit seinen schmucken weißen Häuschen und engen Gassen liegt auf einem Hügel und besitzt ebenfalls einen Albaicín, der während der letzten zehn Jahre hübsch herausgeputzt wurde. Vor der Kirche treffe ich auf eine Zigeunerhochzeitsgesellschaft. Die Gewänder der

Hocheitsgäste sind an Farbenvielfalt und Schönheit der edlen Stoffe wohl nur schwer zu überbieten.

 

Auf dem Albaicín thront ein altes arabisches Castillo, das einen herrlichen Ausblick auf die Berge, das Umland und das Meer bietet. Bei günstigem Wetter kann man von hier aus bis nach Afrika sehen. Hier treffe ich das Brautpaar wieder, das sich in dieser beeindruckenden Kulisse zum Fototermin eingefunden hat.

Salobrena
Salobrena

Der Strand von Salobrena ist zwar etwas steinig - aber das Meer rauscht dennoch wunderbar. Hier ist eine Ferienurbanisation entstanden, die sich recht unaufdringlich in die Natur einfügt: keine Hochhäuser, lediglich flache Apartmentanlagen und eine von riesigen Palmen gesäumte, schmucke Fußgängerzone.

 

Um für ein paar Tage dem turbulenten Treiben Granadas zu entfliehen und für einen Moment das Meer zu genießen, ist dieser kleine Ferienort durchaus geeignet.

 

 

Camera Oscura

Albaicin
Albaicin

Zurück in Granada besuche ich das "Ojo de Granada" (das Auge von Granada), die Camera oscura, die sich mitten im Albaicín befindet. Auf dem Dach des Gebäudes ist ein Spiegel angebracht, der live-Bilder aus der Stadt auf eine Leinwand in einem abgedunkelten Raum projiziert. Die Bilder sind erstaunlich scharf. "Gestern haben wir gesehen, wie eine Frau auf der Gran Vía de Colon (eine Straße in der vergleichsweise weit entfernten Neustadt) versucht hat, ihr Auto einzuparken", erklärt mir der Mitarbeiter lachend in einem touristenfreundlichen, verständlichen und langsam gesprochenen Spanisch, das nicht – wie sonst in Andalusien üblich – sämtliche Endungen abschneidet. "Sie hat 27 Versuche benötigt!"

 

 

Entspannung im Hamam

 

Jeden Vormittag die Schulbank drücken, nachmittags Hausaufgaben und Besichtigungen, abends das Nachtleben in den unzähligen Tapas-Bars: Dieser Urlaub ist anstrengend! Ich benötige etwas Entspannung und melde mich in einem Hamam an, einem arabischen Bad.

 

Bereits im Eingangsbereich werde ich von wohliger Wärme und exotischen Düften empfangen. Wir – eine Gruppe von 16 Personen – erhalten eine kleine Einführung, ein Handtuch und ein paar Badelatschen, und los geht’s.

 

Die Anlage besteht aus sieben flachen Becken mit unterschiedlichen Wassertemperaturen: sechs von warm bis sehr heiß, eines kalt. Ich tauche ein, lasse mich vom angenehm temperierten Wasser tragen, meine Ohren sinken unter die Wasseroberfläche, ich vernehme nur noch ganz entfernt das angenehme Plätschern eines Wasserstrahls, der sich aus der Wand in eines der Becken ergießt. Über mir arabische Rundbögen in diffusem Licht, in der Decke eingelassene blaue Sterne. Hin und wieder wechsele ich die Becken und genieße die Überraschung, die die jeweils neue Temperatur bietet.

 

Dann werde ich zur Massage aufgerufen. Angenehm eingeölt und durchgeknetet begebe ich mich anschließend in die Ruhezone, in der orientalischer Tee und Kräuterbonbons zur Verfügung stehen. Der Raum ist abgedunkelt, nur Teelichter und Duftkerzen spenden ein weiches Licht.

 

Nach zwei Stunden verlasse ich den Hamam als neuer Mensch. Ich fühle mich wunderbar entspannt und frei. Meine Haut riecht herrlich nach arabischen Düften und meine Gedanken sind erstaunlich leicht.

 

 

Abschied


Letzter Schultag. Mein Herz ist schwer. Abschied von den Lehrern, die sich mit Engelsgeduld und viel Humor bemüht haben, mir spanische Sprache und Kultur näherzubringen, und von den Schülern aus der ganzen Welt, die zwischen 25 und 70 Jahren alt sind, und von denen jeder seine eigene, interessante, persönliche Motivation hat, ausgerechnet hier, in Granada, die spanische Sprache zu erlernen. Herzliche Umarmungen, viele Küsschen und ganz oft "hasta luego!"